„Schwarzhörern“ empfiehlt STEREO
monatlich die besten Schallplatten
des „Schwarzmarktes“
Patricia Barber
CAFÉ BLUE
Prémonition 2 LPs, sieveking-sound.de
Ich geb’s zu: Obwohl dieses Album
in den
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oern in vielen HiFi-Studios
als audiophile Perle lief, ist „Café
Blue“ damals an mir vorbeigegan-
gen. Dabei gehört es zu den stärks-
ten Werken der Amerikanerin, die
damit ihren Durchbruch feierte. Hier
gibt es musikalische Substanz, wo-
bei Patricia Barber gekonnt zwi-
schen introvertierter Pose und Ein-
gängigkeit balanciert. Für die Dop-
pel-LP des Reissues wurden die Ori-
ginalbänder behutsam remixed und
anschließend von Altmeister Doug
Sax für den Vinylschnitt gemastert.
So klingt’s denn auch: einfach per-
fekt.
Matthias Böde
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café
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Helen Mirretl
WITH CLIFFORD BROWN
WaxTime/ln-Akustik LP. erhältlich etwa
bei etwa bei vinylkatalog.de
Eine weitgehend unbekannte Perle
aus der goldenen Ära des Jazzge-
sangs gilt es neu zu entdecken. He-
len Mirrell, geboren in New York als
Jelena Ana Milcetic, trägt Standards
wie „Yesterdays" oder „Bye Bye
Blackbird“ so grandios vor, dass
man überlegt, andere Versionen aus
der Sammlung auszusortieren. Be-
gleitet wird sie unter anderen von
Trompeter Clifford Brown, der zu die-
ser Zeit auch mit Sarah Vaughan auf-
nahm. Auch wenn Mirrells zarte
Stimme sich von jener der Vaughan
unterscheidet, so erinnert sie doch
mit der Art ihres einfühlsamen Vor-
trags an die schwarze Berühmtheit,
besonders bei der Ballade „Don’t Ex-
plain“. Im Gegensatz zu Sarah Vaug-
han gelang Mirrell aber nie der gro-
ße Durchbruch. Wenn man nun ih-
rem fast
6 0
Jahre alten Debüt
lauscht, fragt man sich: Warum ei-
gentlich nicht?
Ilhami Diizgün
The Beach Boys
SMILE
Capitol/Warner 2 LPs, erhältlich etwa bei
vinylkatalog.de
Insgeheim habe ich stets gehofft,
einmal über die lange im Archiv ver-
sunkenen Schätze des
1 9 6 6
nie wirk-
lich vollendeten „Smile“-A!bums
schreiben zu können. Unter den viel-
fältigen, zum Teil umfangreichen
Disc-Sets, mit denen die sensatio-
nelle finale Veröffentlichung von
„Smile“ gehypt wurde, dokumen-
tiert diese hervorragend gefertigte
Doppel-LP die Essenz der Fragmen-
te und Songs.
„Smile“ war als „Teenagersinfonie
für Gott“ sowie ultimatives Meister-
werk angelegt und zerstörte unter
diesem Druck fast die Band um De-
tailfanatiker Brian Wilson. Einzelne
Tracks wie „Heroes And Villains”,
„Wind Chimes“ oder natürlich das
zur Jugendhymne taugende „Good
Vibrations“ fanden auf anderen We-
gen zum Publikum. Der Rest blieb in
Wilsons „Herz verschlossen“, wurde
über die Jahre zum Mysterium und
lag ihm so immer stärker auf Geist
und Seele.
2 0 0 4
schuf er deshalb ein
modernes „Smile“, das übrigens
vortrefflich den Geist der Vorlagen
widerspiegelt, wie der Blick auf die
Originale nun zeigt. Insbesondere
bei Seite zwei, dem großartigen Pot-
pourri von „Wonderful“ bis zu
„Surf's Up“, das die frühe Epoche
heiter-unbekümmerter Kinderiieder
(„Children Song“) der „Strandjun-
gen" über Sonne, Liebelei und Sur-
fen zugleich verklärt und abschließt.
NEUES AUF VINYL
All dies und vieles mehr lässt sich
hier entdecken.
Das Klappcover, das offensichtlich
auf die ehemalige Planung für eine
Einzel-LP hinweist, erscheint unver-
ändert; eine zusätzliche Manschet-
te gibt die Titel der Doppel-LP an.
Hier zeigt sich ebenso Liebe zum De-
tail wie im Bemühen, die musikali-
sche Bandbreite des in mancherlei
Hinsicht unmäßigen Smite-Projekts
darzustellen.
Muss man „Smile“ haben? Beach-
Boys-Fans unbedingt! Wer indes Al-
ben wie „Surfer Girl“ und „Pet
Sounds“ als das eigentliche Ver-
mächtnis der Band betrachtet, findet
hier eine (reizvolle) Bestätigung die-
ser Überzeugung.
Matthias Böde
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Eleanor McEvoy
I D RATHER GO BLONDE
Diverse Records/Speakers Corner LP.
erhältlich etwa bei dacapo-records.de
Manchmal kommt schon beim Blick
ins Kleingedruckte einer Platte Vor-
freude auf. Im Fall von Eleanor Mc-
Evoys op.
8
schon deswegen, weil
dieses Werk wieder Ciarän Byrne als
Tonmeister bei den Aufnahmen in
Dublin betreute, der für den gleichen
Job bei „Rattle & Hum“ und „Ach-
tung Baby“ von U
2
, „Cettic Heart-
beat" von Van Morrison mit den
Chieftains und vielen anderen be-
reits reichlich gerühmt wurde. Ab-
gemischt hatte das danach in Lon-
don derselbe Ruadhri Cushnan, der
auch beim Mix des Mumford & Sons-
Bestsellers „Sigh N
0
More“ am
Mischpult gesessen hatte und der
bekanntlich als Toningenieur und
auch Produzent längst eine Kory-
phäe ist. Dass Miss McEvoy auf
Wohlklang der absolut gehobenen
Variante größten Wert legi, hat sich
zumindest bei ihren Fans seit Län-
gerem herumgesprochen.
Der Titelsong ist, anders als man
mutmaßen könnte, keine Anspie-
lung auf den berühmten Etta-James-
Blues. Ganz entgegen der bedin-
gungslosen Liebeserklärung von „I 'd
Rather Go Blind“ erklärt Miss Mc-
Evoy dort ihre unbedingte Unabhän-
gigkeit („I'd rather be hit, I'd rather
be hung/Than out on a date where
you come along.
.. I'd sooner be shot
or drowned in a pond/l'd rather be
burned. I'd rather go Blonde on
Blonde“). Was wiederum eine An-
spielung auf Bob Dylans Magnum
Opus ist, sich im Bezug dazu aller-
dings nicht unmittelbar erschließt.
Denn dies hier sind nur ausnahms-
weise erklärte Anti-Liebeslieder. Die
meisten kann man als Eingeständnis
einer (auch mal unerwiderten) Liebe
deuten wie „Away From You“ mit
Versen wie „Nights without you hurt
the most/Haunted by a hollow
ghost/ Lingering around me most/
Whenever I'm Away From You“ oder
„Take You Home“, zärtlichstes Be-
kenntnis der LP. Das ist auch der
Song, für den sie sich das üppigste
Arrangement einfallen ließ.
Es handelt sich hier um eine höchst
abwechslungsreiche Mixtur aus Folk
und gregorianischem Choral, Pop,
Blues und Soul. Für den Song im letz-
teren Genre („The Thought Of You“)
reimte sie besonders hübsch „Don't
need to do with you what just would
not be right/Just need the thought of
you to get me through the night.“ So
kann man Begehren auch formulieren.
Um einiges sinnlicher noch, fast schon
lasziv singt sie am Ende die einzige
Covervetsion des Albums, Sam Coo-
kes „Let The Good Times Roll“. Miss-
verstehen kann man da gar nichts, so
wie sie das vorträgt: „So come on and
let the good times roll/ We’re gonna
stay here till we soothe our souls/And
if it take all night long.
..“.
Weil das alles zudem auch in au-
ßerordentlich guter Pressqualität
vorliegt, dürfte hier bei Vinyljunkies
große Freude aufkommen. Fürs Au-
to können die sich das Album aus
dem Netz im MP
3
-
und FLAC-Format
runterladen. Ansonsten gibt’s das
auch als CD und Hybrid-SACD, Letz-
tere mit einer a capella ganz wun-
derbar gesungenen Zugabe.
Franz Schöler
3/2012 STEREO 119
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